Die Ästhetik der Macht. Offizielle Kunstausstellungen in Salazarismus und Franquismus und ihre politischen Funktionen
Sowohl die portugiesische Diktatur unter António Oliveira de Salazar als auch die spanische unter Francisco Franco versuchten im Rahmen ihrer Ausstellungspolitik auf zahlreichen Ebenen ihre politischen Interessen zu verfolgen. Zunächst ging es natürlich darum, über Ausstellungen internationale Aufmerksamkeit innerhalb des weitgehend positiv besetzten Kontextes der „Kunst“ zu erlangen, darüber hinaus bot dieser scheinbar harmlose und apolitische Bereich aber auch Gelegenheit zu Kooperationen auf internationaler Ebene, die oft den Beginn, meist aber nur den sichtbaren Beleg einer Zusammenarbeit auch auf „brisanteren“ Gebieten darstellten. Nicht zuletzt boten Ausstellungen auch eine willkommene Möglichkeit, sich vor einem mehr oder weniger großen Publikum inhaltlich und ästhetisch zu positionieren und dabei wesentliche ideologische Aussagen zu treffen.
Auf internationaler Ebene dienten Ausstellungen vor allem der Legitimation und Repräsentation des illegitimen Regimes, konnten darüber hinaus aber auch für die visuelle Kommunikation eines Machtanspruches oder die Verbreitung eines bestimmten Images instrumentalisiert werden. Innerhalb des eigenen Landes hatten sie jedoch noch eine weitere wichtige Funktion inne: Sie dienten der Illustrierung und Verbreitung der herrschenden Ideologie, wozu sich Bildmedien, die in der Lage sind, diffuse und komplexe Ideen idealisiert und vereinfacht wiederzugeben, besonders gut eignen. Auf diese Weise standen Ausstellungen auch im Dienste einer Identitätskonstruktion nach den Vorstellungen des Estado Novo bzw. des Estado Nuevo. Es ist mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig zu zeigen, dass Bildern bei dem Versuch, eine neue Gesellschaft nach den Vorstellungen und Idealen der Machthaber zu formen und der damit verbundenen Neu- bzw. Umgestaltung einer kollektiven Identität ein zentraler Stellenwert zukam.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Diktaturen Salazars und Francos anhand ihrer Kunst- und Ausstellungspolitik zu porträtieren und zu charakterisieren sowie politische und ideologische Wandlungen, die beide Regime aufgrund der Veränderungen der weltpolitischen Rahmenbedingungen im Laufe der langen Dauer ihres Bestehens durchmachten, anhand ihres Niederschlages sowohl in der Kunst- und Ausstellungspolitik als auch im ästhetischen Selbstverständnis der beiden Diktaturen nachzuzeichnen und aufzuzeigen. Auf diesen Erkenntnissen basierend sollen Salazarismus und Franquismus einander schließlich vergleichend gegenübergestellt und Trennendes und Verbindendes auf politischer und ideologischer Ebene herausgearbeitet werden.
Universität Wien
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