Logo der Universität Wien

Bildanalyse nach Jäger, Paul und Knieper

Für die Entwicklungen der deutschen Bildforschung der letzten fünf Jahre können exemplarisch die Historiker Jens Jäger (Köln), Gerhard Paul (Flensburg) und der Medienwissenschaftler Thomas Knieper (Passau) genannt werden. Obschon sich in ihren Monographien, Aufsätzen und Konferenzbeiträgen oft Überschneidungen finden - durch die Wahl ähnlicher Themen, wie die 2005 publizierte Monographie von Gerhard Paul zum „Bilderkrieg“ im Irak, der im selben Jahr erschienene Sammelband von Thomas Knieper und Marion G. Müller „War Visions“ und zwei Jahre davor „Der Krieg im Bild – Bilder vom Krieg“ von Jens Baumgarten, Martin Knauer und Jens Jäger oder durch die Veröffentlichung in demselben Sammelband (Jens Jäger und Gerhard Paul in „Bilder als historische Quellen“) - täuschen die thematischen und Kongruenzen und die Beschäftigung mit denselben Medien. Verdeutlicht werden die Unterschiede in den Aufsätzen von Thomas Knieper über die kommunikationswissenschaftliche Bildanalyse im Unterschied zu Jens Jägers historischem Ansatz im Sammelband „Bildwissenschaft“ von Klaus Sachs-Hombach.


Jens Jäger, der Autor der historischen Einführung „Fotografie und Geschichte“ (2009), orientiert sich an der klassischen Kunstwissenschaft und sieht sich in der Tradition von Aby Warburg und Erwin Panofsky. Seine klare Verortung in der Geschichte ermöglicht es ihm die Schwachstellen der Beschäftigung mit Bildern seit den 1920er in der Geschichtswissenschaft aufzuzeigen und die Möglichkeiten ihrer Überwindung darzulegen. Er plädiert gegen eine Nutzung von Bildern als Oberbegriff für die Übertragung bereits vorhandenen Wissens oder zur Illustration und für das Wahrnehmen der ästhetischen Form, der Struktur, des Kontextes und nicht zuletzt das Thematisieren des Mediums als historischen Gegenstand und als Dispositiv. Exemplarisch verdeutlichte er seinen Ansatz in seinen Untersuchungen von südamerikanischen Postkarten um 1900.


Der Herausgeber des zweibändigen Bildatlas „Das Jahrhundert der Bilder“, Gerhard Paul, orientiert sich mit seinem Ansatz der „Visual History“, an den angelsächsischen „Visual Culture Studies“. Er plädiert sowohl für eine thematische als auch für eine mediale und disziplinäre Öffnung der Bildwissenschaft. Zudem betont er, in einer Weiterführung von Horst Bredekamps Theorie des „Bildakts“, die aktive Teilnahme von Bildern an der Erzeugung von Geschichte und Erinnerung. Gerhards Bildatlas sowie sein Überblick über die Forschung in der Einleitung des Studienbuches „Visual History“ zeigen anhand zahlreicher Beispiele die Vielfalt der Bildforschung, vor allem für die Zeitgeschichte, drohen dadurch jedoch ihren theoretisch-methodischen Rahmen zu verlieren.


Dieser ist bei Thomas Knieper ein kommunikationswissenschaftlicher, der sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Bildanalyse vorsieht, wobei sich letztere an der ikonologischen Kontextanalyse orientiert. Die ikonologische Kontextanalyse ist ein dreistufiges Verfahren, das neben der ikonographischen Identifikation und Interpretation auch die massenkommunikativen Kontexte und die Wirkung von Medienbildern untersucht. Knieper behandelt in seinen Texten, wie auch Gerhard Paul, Ikonen der Pressefotografie, impliziert jedoch stärker – angelehnt an den ebenfalls kommunikationswissenschaftlichen Ansatz von Marion G. Müller – die Inszenierung und Entstehung solcher Massenmedial verbreiteter Bilder.


Trotz der Methodenvielfalt zeigt sich sowohl bei der historischen Bildanalyse Jägers und Pauls als auch bei dem kommunikationswissenschaftlichen Ansatz von Knieper, eine Kohärenz durch die Verwendung von Methoden der Kunstgeschichte bei der Einzelbildanalyse - ergänzt durch die Forschungsmethoden des jeweiligen Faches. Einen Überblick über die Disziplinen, Themen und Methoden bietet der Sammelband von Klaus Sachs-Hombach, auch wenn die Anwendung der Theorie je nach Forschungsgegenstand, Medium und Fragestellung in den Einzelanalysen divergiert.

Initiativkolleg "Europäische historische Diktatur - und Transformationsforschung"
Universität Wien

Spitalgasse 2-4, Hof 1
A-1090 Wien
E-Mail
Universität Wien | Universitätsring 1 | 1010 Wien | T +43-1-4277-0